Ein neues Jahr hat begonnen. Es ist ein Teil unserer kostbaren Lebenszeit. Ist uns bewusst, wie wertvoll unsere Zeit ist? Vielen Menschen wird das erst klar, wenn sie plötzlich vor dem drohenden Ende ihrer eigenen Lebenszeit stehen. Es macht mich selber immer neu betroffen, wenn ich in der Begleitung sterbender Menschen damit konfrontiert bin. „Wenn ich das gewusst hätte, dass es so früh kommt, hätte ich anders gelebt.“ So und ähnlich formulieren es Betroffene in den Lebens-bilanzgesprächen. Ich gehe nach solchen Gesprächen dann oft hinauf in unsere Krankenhauskapelle und frage mich selber: Wie gehst du mit deiner Zeit um? Gibt es für dich genug heilige Zeiten um innezuhalten, loszulassen, die innere Mitte zu spüren, offen zu werden, horchen zu können, zu staunen und zu beten? Möchtest du wirklich so leben, wie du lebst? Wirst du einmal sagen können: ich habe rechtzeitig, bewusst und intensiv gelebt?
In diesem Sinne bin ich so dankbar, dass ich immer wieder Menschen in äußersten Grenzsituationen begleiten darf, denn diese Menschen lehren mich leben! Wenn ein Mädchen mit 10 Jahren im vorletzten Gespräch vor ihrem Sterben zu mir sagt: ich bin so dankbar, ich habe so viel Schönes erlebt, ist das doch zutiefst wegweisend und zukunftsorientiert!
Die Begrenztheit unserer Zeit können wir zur wichtigsten Lebens-einladung für uns machen. Unsere Lebenszeit können wir kaum verlängern, aber unsere Lebensqualität können wir vertiefen und intensivieren. Der Beginn eines neuen Jahres könnte uns dazu motivieren! Professor V. Frankl hat in unserer Ausbildung oft gesagt: Zum Faszinierendsten unseres Menschseins gehört die Fähigkeit, anders werden zu können. Das setzt die Bereitschaft zum Los-lassen voraus. Dieses Loslassen kann auch mit Schmerz und Wehmut verbunden sein. Aber wenn wir für etwas loslassen, dann sind wir motiviert und auch stark! So dürfen wir für mehr Leben, für mehr Lebensqualität loslassen! Wenn wir unseren Glauben ursprünglich heute leben, dann sind wir mit einer unvergleichlichen Hilfe beschenkt, die uns das Leben voll bejahen lässt!
Mögen wir in diesem Sinne gesegnet und mit viel innerer Kraft in dieses Jahr weiter hineingehen, die guten Tage voll verkosten und verantwortungsvoll genießen und die harten Tage durch Gestalten und Ertragen auch mit Sinn erfüllen.
Mit allen guten Wünschen
Ihr
Franz Schmatz